Zen-Impuls der Woche

12. Woche

BEWUSSTES SEHEN

Manchmal haben wir das Gefühl, dass das Leben einfach an uns vorbeirauscht und wir gestresst von einem Termin zum anderen eilen. In solchen Momenten sehnen wir uns oft danach, aus diesem Schnellzug des Lebens auszusteigen und einfach nur zu sein. Die „Notbremse“ dafür ist die Achtsamkeit.

Achtsamkeit bedeutet, im gegenwärtigen Moment bewusst wahrzunehmen, was um uns herum passiert. Leider nutzen wir diese Fähigkeit viel zu selten. Wie oft schauen wir, ohne wirklich zu sehen? Hören wir, ohne wirklich zuzuhören? Essen wir, ohne wirklich zu schmecken? Reden wir, ohne wirklich etwas zu sagen?

Wirkliches Sehen (bewusstes Wahrnehmen) kann Einsicht, Durchblick und auch Verstehen bedeuten. Hast du zum Beispiel schon einmal ein Gänseblümchen aus der Nähe betrachtet? Es hat in der Mitte einen sonnigen Blütenwirbel. Genau diese radiärsymmetrische Windung taucht auch in der DNA unserer Zellen und in den Sternwirbeln der Galaxien auf, die Milliarden von Lichtjahren von uns entfernt sind.

Wenn du also ein Gänseblümchen wirklich siehst, dann siehst du von hier bis in die Unendlichkeit. In jedem noch so kleinen Teil der Schöpfung liegt die gesamte Geschichte des Universums verborgen. Wie im Kleinen, so im Großen. Sehen ist die Kunst, die Welt wirklich wahrnehmen zu können. Darin liegt das Geheimnis der Achtsamkeit.

 

11. Woche

AUF DEM SPIRITUELLEN WEG

Nur wenn jeder von uns seinen Beitrag für den Erhalt unseres Planeten leistet, können wir gemeinsam etwas erreichen. Durch ein meditatives Leben zum Beispiel kannst du die Welt aus einer anderen Perspektive betrachten und so dazu beitragen, sie zu einem besseren Ort zu machen. Wenn du das erkannt hast, worum es in deinem Leben geht, zögere nicht, es in die Tat umzusetzen.

Viele Menschen verschwenden ihre Energie, um die Illusion eines separaten Selbst aufrechtzuerhalten. Diese Energie steht uns zur Verfügung, wenn wir den Prozess der Wandlung von einem egozentrischen zu einem sich verbunden fühlenden Menschen durchleben. Die Praxis der Meditation und Achtsamkeit in einer spirituellen Gemeinschaft gibt uns Mut und Kraft, dies zu tun.

Allerdings erfordert es schon etwas Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen, um auf dem spirituellen Weg voranzukommen. Doch wenn du dich auf das Wesentliche konzentrierst, kannst du deine Sicht auf die Wirklichkeit vertiefen und dein wahres Potenzial an Mitgefühl und Demut zum Wohle aller Wesen entfalten.

Indem wir die kleinen Dinge schätzen lernen, erkennen wir, wie wenig man eigentlich braucht, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen und seine Sehnsucht nach Ruhe und Gelassenheit zu erfüllen. Dann können wir die Welt, die Erde, die Menschen, Tiere und Pflanzen mit anderen Augen sehen – und entdecken, wie alles um uns herum voller Wunder ist.

 

10. Woche

MEDITATIVES ERLEBEN

In schwierigen Zeiten suchen viele Menschen Zuflucht in der Stille. Vor allem wohl deswegen, weil uns das eigene Leben immer unwirklicher erscheint. Wir fühlen uns verunsichert und fremdbestimmt. Das Problem liegt in unserer Wahrnehmung. In Gedanken leben wir entweder in der Vergangenheit oder Zukunft und verpassen dabei das wirkliche Leben.

Unruhe ist eine geistige Gewohnheit und Meditation ein natürliches Mittel dagegen. Denn in allen Weisheitstraditionen dient Meditation als unübertroffenes Instrument der Selbsterforschung – als Weg zur inneren Umkehr. Durch regelmäßiges Praktizieren lernen wir, den normalen Gedankenfluss zu beruhigen und uns von negativen Vorstellungen sowie destruktiven Einflüssen zu befreien.

Schließlich kann es uns mit einem gewissen Maß an Selbstdisziplin und Geduld gelingen, in tiefere spirituelle Schichten des Bewusstseins zu gelangen. Frei von Gedanken zu sein bedeutet, in diesem Moment ganz leer zu sein und die Grenzen unseres engen Geistes zu überschreiten, d.h. mit dem Universellen in uns Kontakt aufzunehmen.

Was während der Versenkung in uns auftaucht, geschieht von selbst und löst bei uns keinerlei Reaktion aus, weil es in der Leerheit keine Bewusstheit gibt. Erst wenn das meditative Erleben vorbei ist und das bewusste Denken wieder einsetzt, spüren wir Freude und Gelassenheit. Denn der Geist, der sich selbst erkannt hat, ist frei davon, sich dauernd beschäftigen zu müssen – er ist unabhängig.

 

09. Woche

IM STILLEN GEWAHRSEIN

Durch Meditation lernen wir, unseren Geist und die damit einhergehenden Lebensprozesse besser zu verstehen. Ein gelehriger Geist, der sich beobachtet fühlt, wird von selbst damit beginnen, seine egozentrischen Verhaltensweisen zu hinterfragen und abzustellen.

Achtsamkeit kann dazu beitragen, dass die Intensität des Leidens abnimmt oder Leiden gar vermieden wird, da uns dessen Entwicklung früher bewusst wird. Wenn wir verstehen, wie Gefühle in unserem Bewusstsein entstehen, können wir unsere Haltung ihnen gegenüber ändern.

Denn Wut, Gier und Angst müssen nicht immer eine Quelle des Leidens sein. Sie kommen aus unserem Innersten, und anstatt sie zu bekämpfen, zu leugnen oder uns mit ihnen zu identifizieren, können wir uns bemühen, diese Bewusstseinszustände wohlwollend zu beobachten.

Im meditativen Gewahrsein ist es einfacher, die emotionalen Zustände  ihrem natürlichen Lauf zu überlassen und sie ganz bewusst kennenzulernen. Wenn das geschieht, werden diese Erscheinungen immer seltener und verschwinden schließlich. Beim Meditieren geht es letztlich darum, dass alles zu seinem Ursprung zurückkehrt. – Alles entsteht aus der Stille und kehrt in die Stille zurück.

 

08. Woche

DIE INNERE STIMME

„Sitz nicht so krumm da und beweg dich nicht dauernd.“ Wie oft erlebst du solche Ermahnungen deiner inneren Stimme, während du dich um gute „Haltungsnoten“ beim Meditieren bemühst? „Nein, entspanne mehr. So kannst du doch nicht die ganze Runde überstehen – undenkbar. Nun übst du das schon seit Wochen und kannst nicht mal fünf Minuten ruhig bleiben.“

Diese fortlaufenden Kommentare und Bewertungen deines Egos wollen dir nur die Meditation vermiesen, weil das „kleine Ich“ um seine Daseinsberechtigung fürchtet. Wer kennt nicht solche Situationen? Kaum hat man sich hingesetzt, dann meldet sich die innere Stimme.

Und wenn du versuchst, sie zum Schweigen zu bringen, wird sie nur hartnäckiger. Gib es auf, sie zu beschwichtigen, das endet nur in endlosen Dialogen und verscheucht jedes Meditationsgefühl. Wie aber kann man diese Stimmen verstummen lassen?

Eine alte tibetische Anweisung sagt: „Körper auf dem Kissen, Geist im Körper, Entspannung im Geist.“ Hier wird nichts davon erwähnt, keine Gedanken und kein Geplapper in Kopf zu haben. Sei einfach in deinem Körper und ruhe genau da. Ein ruhender Geist ist das Ergebnis der Praxis, nicht der Methode. Die Methode besteht darin, immer wieder zum Erleben des Atems zurückzukehren und dort zu ruhen. Zurückkehren, ruhen, zurückkehren, ruhen, zurückkehren, ruhen . . .

 

07. Woche

EGO-PLÄDOYER
Ist unser allgegenwärtiges Ego in Wirklichkeit keine Illusion sondern ganz real? In dem „Buch der Geheimnisse“ des zeitgenössischen Autors spiritueller Literatur, Deepak Chopra, habe ich ein Plädoyer für unser Ego gefunden:

S.42 „Ich habe nicht vor, das Ego schlecht zu machen. Ego-Schelte sucht nach einem Sündenbock, dessen Aktivitäten es verhindern, dass die Menschen ihr Glück finden. Denn angeblich ist das der eigentliche Grund, weshalb die Menschen leiden, weshalb sie weder ihr wahres Selbst noch Gott oder die Seele finden. Das Ego, so hören wir, blende uns mit seinen ständigen Forderungen, seiner Gier, seiner Selbstsucht und seiner Unsicherheit. Das ist eine beliebte, aber falsche Anschuldigung, denn wenn wir das Ego in ein dunkles Verlies verbannen, machen wir es zum Feind, und das führt zu noch mehr Trennung und Zersplitterung. Wenn es die eine Wirklichkeit gibt, muss sie alles umfassen. Wir können uns des Egos ebenso wenig entledigen wie des Verlangens.“

S.44 „Ich habe Verständnis für die Menschen, die sich mit dem Ego beschäftigt haben und es so abstoßend fanden, dass sie darauf verzichten möchten. Doch ein Angriff auf das Ego ist am Ende nur ein raffinierter Angriff auf uns selbst. Es hätte keinen Sinn, das Ego zu zerstören, selbst wenn es gelänge. Wenn unser gesamter Schöpfungsapparat intakt bleiben soll, können wir auf das Ego nicht verzichten. Wenn man das Ego seiner hässlichen, angstvollen, gewalttätigen Träume entkleidet, ist es nicht mehr hässlich, angstvoll und gewalttätig. Dann nimmt es seinen natürlichen Platz als Teil des Mysteriums ein.“

 

06. Woche

WAHRE WIRKLICHKEIT
Wenn wir in tiefe Meditation versinken, kann das zu allen möglichen Arten von Erscheinungen führen. Was auch immer in deinem Geist vorgehen mag, lass dich nicht beunruhigen. Meditiere einfach weiter im absoluten Vertrauen. Wenn du nicht anhaftest, werden diese Prozesse, die beim Lösen von physischen Blockaden u.a. als Visionen oder Reflexe auftreten können, bald wieder vergehen.

Alle Aspekte dieser Welt sind mit einer geheimnisvollen Quelle verbunden. Himmel und Erde, Leben und Tod, Pflanzen und Tiere, man selbst und andere Menschen sind so wie Berg und Tal nicht voneinander getrennt. Durch regelmäßiges Meditieren wirst du mit der Zeit deine Sinneswahrnehmungen so verfeinern und deinen Geist so weit beruhigen, dass du dies in dir selbst beobachten kannst.

Es gibt ein schwingendes Energiefeld im Universum, das alles durchdringt. Dieses Feld geschieht nicht um dich herum, es geschieht durch dich. Wenn wir den Prozess der Reinigung durchlaufen haben und in der Lage sind, uns besser zu konzentrieren, können Körper, Geist und Raum als lichterfüllt oder lichthaft wahrgenommen werden. Je weniger Widerstand vorhanden ist, umso leichter kann die Energie fließen. Wenn du Gelassenheit und Gleichmut entwickelst, wird dir die wahre Wirklichkeit bewusst.

 

05. Woche

ALLES KLAR?

Altern ist kein Zustand, der plötzlich da ist, sondern ein ständiger Prozess lebenslanger Vergänglichkeit. Selbst wenn hauptsächlich der Körper altert, muss die Geistesfähigkeit nicht in gleichem Maße abnehmen.

Allerdings ein mit Gier, Hass und Verblendung behafteter Mensch altert geistig oft schon relativ vorzeitig, weil er ausschließlich egoistische Ziele verfolgt und sich von seinen Trieben versklaven lässt. Ein gefangener Geist verfällt ähnlich schnell wie der Körper, wenn man ihn vernachlässigt.

Gesunde Ernährung, körperliche Bewegung sowie geistige Hygiene sind die besten Voraussetzungen für mehr Zufriedenheit und Gelassenheit im Alter. Dabei kann auch regelmäßiges Meditieren sehr heilsam sein. Es rückt nicht nur den Moment, das Hier und Jetzt, in den Fokus, sondern macht uns mit unseren Emotionen, Widerständen und Wünschen vertraut und reinigt so den Geist.

In Kombination mit entsprechender Achtsamkeitspraxis kann es dann gelingen, unsere ich-bezogenen Verhaltensweisen zu verändern. So braucht sich ein anhaftungsfreier Mensch vor dem Alter nicht zu fürchten. Denn ein klarer Geist wird nicht vorzeitig vergreisen, weil er im Einklang mit dem Kosmos lebendig bleibt.


04. Woche

ANGST HAT WAS

In den vergangenen drei Jahren ist eine Krise auf die andere gefolgt und hat bei den meisten von uns viel Angst erzeugt. Was mit der Pandemie begonnen hatte, setzte sich mit dem Ukraine-Krieg fort. Dann beschäftigt uns die  Energiekrise Und nach wie vor fühlt sich die Menschheit vom Klimawandel bedroht.

Angst macht Angst und irgendwann handlungsunfähig. Wenn du die Angst bekämpfen willst, wird sie stärker und baut sich zu einem unüberwindbaren Hindernis auf. Solange du die Angst loswerden willst, bist du mit ihr identifiziert.

Angst kann dich jedoch zu einem tieferen Verständnis führen, wenn du sie als Herausforderung annimmst und zu deinem Lehrmeister machst.  Bitte denke daran, dass es den meisten Menschen genauso geht wie dir. Angst ist die natürliche Wachsamkeit im Hinblick auf potenzielle Gefahren, der Kern unseres Überlebensinstinkt. Hab also keine Angst vor der Angst!

Denn neben ihrer Warnfunktion hat sie auch eine Botschaft für dich. Wenn du in der Meditation nach den Ursachen „deiner Angst“ forschst, wirst du vielleicht Antworten finden, die dir gar nicht gefallen. Vertraue aber auf die Weisheit deines Herzens, wenn es dir zu gewissen Veränderungen in deinem Verhalten rät, um dich von Ängsten zu befreien und dir dein Leben zu erleichtern.


03. Woche

BÖSES ERWACHEN

Weisst du noch, was du vor zehn Minuten gedacht hast? Wenn der normale Gedankenstrom uns überflutet, ist es kaum möglich, sich irgendetwas zu merken. Oder war es etwas Wichtiges, das deine Aufmerksamkeit gefordert hat?

Waren es deine eigenen Gedanken oder die Meinungen von anderen? Übernommene Ansichten werden häufig zu eigenen Überzeugungen und damit irrtümlich für die Wahrheit gehalten. Dabei sind Standpunkte meistens nichts weiter als Interpretationen und haben mit der wahren Wirklichkeit nichts zu tun.

Wenn du dich mit deinen Gedanken identifizierst, begibst du dich in die Abhängigkeit des Egos, das ständig  nach neuen Anreizen verlangt. Das führt in der Regel dazu, dass wir dauernd Zerstreuung suchen oder an materiellen Dingen kleben und unseren „Hunger“ durch maßlosen Konsum zu stillen versuchen –  gefolgt von einem bösen Erwachen.

Die Alternative dazu ist das spirituelle Erwachen, das im tiefsten Inneren des Menschen etwas grundlegend verändert, so dass wir unbeschwerter durchs Leben gehen können , weil vieles ohne Widerstand im Einklang mit dem Kosmos verläuft.

Wer danach strebt, lässt sich nicht länger vom engstirnigen Ego sein Leben diktieren, sondern geht über das Denken hinaus. Durch konsequente Meditationspraxis finden wir zu innerer Ruhe und Gelassenheit, lernen das Wesen der Dinge und unsere eigene Natur zu erkennen sowie Sinn und Bedeutung des Lebens zu erfassen. Weisst du noch, was du vor zehn Minuten gedacht hast? Wenn der normale Gedankenstrom uns überflutet, ist es kaum möglich, sich irgendetwas zu merken. Oder war es etwas Wichtiges, das deine Aufmerksamkeit gefordert hat?

Waren es deine eigenen Gedanken oder die Meinungen von anderen? Übernommene Ansichten werden häufig zu eigenen Überzeugungen und damit irrtümlich für die Wahrheit gehalten. Dabei sind Standpunkte meistens nichts weiter als Interpretationen und haben mit der wahren Wirklichkeit nichts zu tun.

Wenn du dich mit deinen Gedanken identifizierst, begibst du dich in die Abhängigkeit des Egos, das ständig  nach neuen Anreizen verlangt. Das führt in der Regel dazu, dass wir dauernd Zerstreuung suchen oder an materiellen Dingen kleben und unseren „Hunger“ durch maßlosen Konsum zu stillen versuchen –  gefolgt von einem bösen Erwachen.

Die Alternative dazu ist das spirituelle Erwachen, das im tiefsten Inneren des Menschen etwas grundlegend verändert, so dass wir unbeschwerter durchs Leben gehen können, weil vieles ohne Widerstand im Einklang mit dem Kosmos verläuft.

Wer danach strebt, lässt sich nicht länger vom engstirnigen Ego sein Leben diktieren, sondern geht über das Denken hinaus. Durch konsequente Meditationspraxis finden wir zu innerer Ruhe und Gelassenheit, lernen das Wesen der Dinge und unsere eigene Natur zu erkennen sowie Sinn und Bedeutung des Lebens zu erfassen.


02. Woche

INNEN UND AUSSEN  

Das größte Geschenk, das man durch die Zen-Praxis erlangen kann, ist die Erleuchtung. Allerdings wenn wir nur meditieren, bleibt die Praxis eine halbe Sache. Der Zen-Weg führt zwar über die Meditation nach innen, aber danach über die Achtsamkeitspraxis auch wieder nach außen. Nur wenn sich Innen und Außen ergänzen, kann sich das Leben weiterentwickeln.

Achtsamkeit bedeutet, im gegenwärtigen Moment alles wahrzunehmen, was gerade passiert. Doch leider nutzen wir diese menschliche Fähigkeit viel zu wenig. Wie oft schauen wir, ohne wirklich zu sehen – hören wir, ohne wirklich zuzuhören – essen wir, ohne wirklich zu schmecken – reden wir, ohne wirklich etwas zu sagen?

Dabei steht Achtsamkeit praktisch immer zur Verfügung, wenn wir unsere Alltagsroutine unterbrechen. Ein paar Mal tief durchatmen, den eigenen Atemfluss spüren und sich fragen: Wie fühle ich mich in diesem Moment? Was geht mir gerade durch den Kopf? Das Leben wirklich im Hier und Jetzt wahrnehmen zu können, darin liegt das Geheimnis der Achtsamkeit.

Den Zen-Weg zu gehen, bedeutet nicht, abzuheben und herabzuschauen oder vor dem Leben zu flüchten und ins Nirvana auszuweichen, sondern: sich auch seinen Alltagspflichten zu stellen. Den Geist reinigen und das Geschirr spülen sind die zwei Seiten einer Medaille.

 

01. Woche 2023

NUR FÜR HEUTE

Auch gute Vorsätze unterliegen dem Naturgesetz der Vergänglichkeit. Erfahrungsgemäß werden viele Vorhaben die ersten beiden Wochen des neuen Jahres nicht überleben. Wer nicht gleich scheitern möchte, sollte sich nicht zu viel vornehmen, aber konsequent umsetzen, Schritt für Schritt.

Am erfolgreichsten sind Vorsätze für einen überschaubaren Zeitraum. Es genügt die friedliche, ruhige Suche nach dem Guten an jedem Tag, zu jeder Stunde – ohne Übertreibung, aber mit Geduld. Im Zen heißt es: Jeder Tag ein guter Tag. Probiert es am besten heute einmal aus. Hier ein paar praktische Beispiele, die jeder schaffen kann:

Nur für heute werde ich mich bemühen, den Tag besonders achtsam zu erleben, ohne alle meine Probleme auf einmal lösen zu wollen. Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen oder auf meine „kleinen Sünden“ verzichten – und ich werde es niemandem erzählen. Nur für heute werde ich mir vornehmen, niemanden zu kritisieren oder zu verbessern.

Nur für heute werde ich alle von mir erzeugten Selbstbilder ablegen, einschließlich dem des „bescheidenen Menschen“, des „spirituellen Menschen“ oder dem des „edlen Wohltäters“. – Und schließlich noch etwas für uns alle: Nur für heute werde ich nicht versäumen, an der gemeinsamen Fernmeditation der Lotos Sangha um 19 Uhr teilzunehmen.

 

 

Schwerpunkt-Thema

B e w u s s t e s   S e i n

 

Meditationsabend am  12. März  2023

DIE ALLGEGENWÄRTIGE BEWUSSTHEIT

Das reine Selbst ist immer-gegenwärtiges Bewusstsein, auch wenn wir dessen Existenz bezweifeln. In dieser einfachen Wahrnehmung erkenne ich:

Ich bin mir meines Körpers bewusst, also bin ich nicht nur mein Körper;  ich bin mir meines Geistes bewusst, also bin ich nicht nur mein Geist; ich bin mir meines Selbst bewusst, also bin ich nicht nur mein Selbst.

Vielmehr nehme ich meinen Körper, meinen Geist, mein Selbst wahr. Das ist wahrhaft faszinierend:Ich kann meine Gedanken sehen, also bin ich nicht diese Gedanken; ich bin mir der Köperempfindungen bewusst, also bin ich nicht diese Empfindungen; ich bin mir meiner Gefühle bewusst, also bin ich nicht nur diese Gefühle.

Irgendwie bin ich das Subjekt, das dies alles wahrnimmt. Doch wer oder was nimmt wahr? Die Traditionen behaupten, das, was wahrnimmt, ist Geist, ist Gott, ist Buddha-Natur in ihrer Ganzheit.

In anderen Worten: Die letzte, unbedingte Wirklichkeit ist nichts, was gesehen werden kann, sondern ist das, was immer-gegenwärtig sieht. Also ist dieses Bewusstsein nicht schwer zu erreichen, aber unmöglich zu vermeiden.

Das, was sieht, kann nicht gesehen werden. Hören wir also auf, uns mit diesem oder jenem zu identifizieren. Dann bekommen wir eine Ahnung von der unendlichen Freiheit. Wir werden dann bemerken, dass diese einfache, immer-gegenwärtige Wahrnehmung vollkommen mühelos ist.

Keinerlei Mühe macht es, Laute zu hören, Dinge zu sehen, die kühle Brise zu fühlen, und wir ruhen einfach in dieser mühelosen Wahrnehmung. Und wieder: Dieser Zustand des zeitlosen Gegenwärtigsten ist nicht schwer zu erreichen, aber unmöglich zu vermeiden.

Dinge, die gesehen werden, sind angenehm oder schmerzhaft, beglückend oder traurig, heiter oder beängstigend, – Aber das, was diese Dinge sieht, ist weder beglückend noch traurig, weder heiter noch beängstigend, sondern einfach frei.

 Wenn ich ruhe als das, was zeitlos wahrnimmt, ist es um die große Suche geschehen. Die große Suche ist der Feind des immer-gegenwärtigen Geistes, eine brutale Lüge angesichts einer freundlichen Unendlichkeit.

Die große Suche ist die Suche nach einer letzten Erfahrung, nach einer großartigen Vision, einem Paradies der Freuden, einer nie-endenden guten Zeit, einer machtvollen Einsicht, eine Suche nach Gott, nach der Göttin, nach dem Geist – aber Geist ist kein Objekt: Geist kann nicht begriffen, erreicht, gesucht oder gesehen werden – Geist ist das, was immer-gegenwärtig sieht.

Wenn ich kein Objekt bin, bin ich die Gottheit selbst. Fange ich an zu suchen, höre ich auf, Gott zu sein; und die Katastrophe kann nicht dadurch behoben werden, dass ich nach noch mehr Objekten suche.

Es geht darum, die immer-währende Bewusstheit klar zu erkennen. Das kostet keine Mühe. Ich bemerke einfach, dass es immer eine Wahrnehmung des Himmels gibt; ich bemerke einfach, dass es immer Wahrnehmung der Wolken gibt; ich bemerke einfach, dass das immer-währende Wahrnehmen nicht schwer zu erreichen ist, aber unmöglich zu vermeiden.

Wenn du dies verstehst, ruhe in dem, was versteht und genau das ist Geist. Wenn du nicht verstehst, ruhe in dem, was nicht versteht  – und genau das ist Geist.

 Ken Wilber

 

Meditationsabend am  26. Februar 2023

IM REINEN GEWAHRSEIN

Zuerst denken wir, dass wir unser Geist selber seien; dann stellen wir fest, dass wir einen Geist haben, und schließlich kommen wir zu der Einsicht, dass all unsere Gedanken nur von der großen Datenbank des Bewusstseins geliehen sind und nie wirklich unsere eigenen waren.

Insgesamt gibt es sieben verschiedene Bewusstseinsarten. Die ersten fünf entsprechen unseren Sinnen: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Die sechste ist das Denkbewusstsein und dann gibt es noch das Bindungsbewusstsein, das die von den anderen Sinnen gelieferten Informationen integriert.

Gedanken und Empfindungen, die kommen und gehen, scheinen nahtlos von einem Moment zum nächsten ineinanderzufließen – wie Einzelbilder in einem Film. Nicht anders sind auch die einzelnen Bewusstseins-Momente derart kurz und zahlreich, dass sie einen scheinbar ununterbrochenen Bewusstseins-Strom bilden. – Das letzte Wort ist da allerdings noch nicht gesprochen; denn all das sind nur vorübergehende Ideen und Vorstellungen unseres Verstandes.

Doch der Verstand ist nicht alles! Um uns ein Bild von dem „Bewussten Sein“ machen zu können, wählen wir der Einfachheit halber zwei Arten aus dem Bewusstseins-Strom aus: das Denkbewusstsein und das Fühlbewusstsein. Keine dieser beiden Bewusstseinsarten ist besser oder schlechter als die andere. Du benötigst beide Zugänge, um dich in deiner Tiefe zu verstehen. Indem du lernst, sie zu unterscheiden und für dich nutzbar zu machen, findest du Zugang zu deiner eigenen Stärke.

Das Denkbewusstsein ist meist mit der Vergangenheit und der Zukunft verbunden und setzt Denken und Sprache voraus. Wenn du über dich selbst nachdenkst, bist du in gewisser Weise von dir entfernt. Das Denkbewusstsein schafft oft eine Kluft: Auf der einen Seite erlebst du, wo und wer du gerade bist, auf der anderen, wo und wer du gerne sein möchtest. Aus diesem Mangelgefühl entsteht Begehren. Wenn du die Dinge nur mit deinem Verstand betrachtest, siehst du alles verzerrt – aus der Perspektive deines eigenen Egos.

Dagegen kommt unser Fühlbewusstsein ganz ohne Sprache aus. Du erfährst dich über das direkte Spüren und über die Einfühlung gelangst du in eine frische Wahrnehmung und Verbindung. Durch die Lenkung deiner Achtsamkeit auf deinen Körper aktivierst du das Fühlbewusstsein. Spüre deinen Körper, während du ein gutes Essen genießt, wenn du tanzt, Sport treibst, in der Sauna schwitzt oder dich bei einer Massage entspannst.

Versuche jetzt, deinen Körper nur von innen zu fühlen. Beginne am besten dort, wo du dich besonders gut spüren kannst, beispielsweise im Bereich des Sonnengeflechts oder in der Herzgegend. Auch wenn du über diese Zufluchtsorte Kontakt zu dir selbst aufnimmst, werden noch Gedanken auftreten. Lass sie einfach kommen und gehen. Statt ihnen zu folgen, lenke deine Achtsamkeit zurück auf das Empfinden in dem jeweiligen Zufluchtsort. Mit wachsender Achtsamkeit kannst du dann auch andere körperliche Empfindungen wahrnehmen.

Du wirst feststellen, dass jede Emotion mit körperlichen Empfindungen einhergeht. Wenn du verliebt bist, schlägt dein Herz schneller, es kribbelt im Bauch, du hast feuchte Hände, einen trockenen Mund. Emotionen sind oft zuerst als Körperempfindungen wahrnehmbar. Mit etwas Übung kannst du rechtzeitig bestimmte Gefühle erkennen, bevor sie die Kontrolle übernehmen. Indem du deine körperlichen Empfindungen bemerkst, hast du die Möglichkeit, dich bewusst zu entscheiden, wie du mit ihnen umgehen möchtest, anstatt impulsiv zu reagieren. Zum Beispiel kannst du in einem Streit innehalten und dich möglicherweise zurückziehen, bis deine Emotionen nicht mehr so intensiv sind.

Es ist wichtig, dass du deine körperlichen Empfindungen nicht bewertest, sondern einfach in Verbindung mit ihnen bleibst und ihnen Raum gibst. Wenn die Situation es zulässt, interessiere dich für sie und erforsche sie mit deinem Fühlbewusstsein. Verzichte auf Benennungen und Erklärungen und sei einfach präsent in dem, was du spürst.

Indem du deine Gefühle wohlwollend erforschst, bringst du ihnen keinen Widerstand mehr entgegen. Dadurch löst du dich von der Identifikation mit ihnen und beobachtest sie lediglich, wie sie kommen und gehen. Du erkennst, dass das Gefühl an sich nichts Bedrohliches ist, sondern wie eine Wolke, durch die du unbeschadet hindurchgehen kannst. Durch diese Übung kommst du auch in Kontakt mit einer tieferen Schicht in dir, die von Mitgefühl und Akzeptanz geprägt ist und eine liebevolle Kraft freisetzt.

Wenn du dich dem Spüren hingibst, lässt du den Verstand los und öffnest dich für ein tieferes Verständnis. Du erkennst, dass du eine innere Wahrheit besitzt, die als kosmisches Gedächtnis bezeichnet wird und in den Genen jedes Lebewesens verankert ist. Diese Verbindung zum kosmischen Urgrund wird jedoch blockiert, wenn du dem Großhirn und seinen gedanklichen und bildlichen Konstrukten Vorrang gibst. Um die innere Wahrheit zu erfassen, müssen die inneren Sinne Vorrang haben, gefolgt von den äußeren. Der gemeinsame Konsens aller Sinne ergibt dann das „reine Gewahrsein„.

Vermeide es daher, jedem Ereignis eine Bedeutung zuzuschreiben – es ist weder bedeutungsvoll noch bedeutungslos. Ordne nichts ein, lass es einfach nur sein. Bleibe wach und präsent im direkten Kontakt mit dem Leben. Wenn dir das gelingt, werden Spannungen sich lösen.

Der wichtigste Schlüssel zum Glück ist das direkte Erleben – im reinen Gewahrsein, welches es dir ermöglicht, mit dir selbst und anderen verständnisvoll und gütig umzugehen – auch in schwierigen Situationen.

 

Meditationsabend am  12. Februar 2023

DAS EGO IN UNSEREM BEWUSSTSEIN

Wie oft haben wir uns schon gefragt: Ist meine Vorstellung von einem Ich in Wirklichkeit nur eine Illusion? Eigentlich besteht der Mensch aus Körper und Geist. Genauer betrachtet aus den sogenannten fünf Daseinsgruppen: Körper, Gefühle, Wahrnehmungen, Willensregungen und Sinnesbewusstsein. Aus dem Zusammenwirken dieser fünf Faktoren resultiert das imaginäre Gefühl eines abgetrennten, unveränderlichen Ichs.

Schaut ihr im Verlauf der Meditationsübungen genauer hin, wird euch klar, dass diese Ich-Vorstellung sich im Denk-Bewusstsein eingenistet hat und sich je nach Situation ständig verändert. Diesen Bewusstseinszustand einer in sich selbst gefangenen Individualität bezeichnen wir als Ego, das den Eindruck vermittelt, als sei es unsere wahre Natur.

Das Ziel der spirituellen Selbsterforschung ist, diese verwirrte Sichtweise zu überwinden und die Wirklichkeit als das zu erkennen, was sie ist, nämlich ein unpersönliches Kontinuum von miteinander existierenden geistigen und materiellen Faktoren. Diese fünf Daseinsgruppen sind nicht nur als ein Prozess zu betrachten, sondern auch in ihrer Bedingtheit zu erkennen: Nichts kann als getrennter oder isolierter Teil betrachtet werden.

Das allgegenwärtige Ego ist in Wirklichkeit kein reales Ich, sondern eine Illusion. Die Ironie besteht darin, wie sehr das Ego darum kämpft, die angebliche Existenz eines individuellen „Ichs“ aufrechtzuerhalten.

Wenn es uns einmal gelingt, unser Denken für einen Moment abzuschalten und unseren Geist ganz still werden zu lassen, finden wir jedoch unser wahres Wesen, das ursprüngliche Selbst, tief unten im kollektiven Bewusstsein. Hier sind keine Gedanken und keine Gefühle mehr. Auf dieser Ebene können wir die Welt so wahrnehmen, wie sie wirklich ist.

Unser Ego dagegen bleibt immer an der Oberfläche, wo es wie die anderen Daseinsgruppen immer wieder entsteht und vergeht, geboren wird, stirbt und wieder geboren wird. Da ist nichts Beständiges. Alle Erscheinungen – Körper, Gefühle, Wahrnehmungen, Willensregungen und Sinnesbewusstsein – können Nahrung sein für unsere Ich-Besetzung und damit das ganze Drama am Laufen halten.

Ich-Besetzung bedeutet immer Trennung. Denn aus ich wird du. Ich bin anders als du. Und indem ich mich auf Ich beschränke, wirst du sehr schnell anders. Ich untersuche, ob du mir nützlich oder schädlich bist. Und indem ich mich begrenze, erwecke ich vermeintliche Bedürfnisse. Je unerfüllter wir sind, desto bedürftiger sind wir. Und wenn wir sehr bedürftig sind, dann nehmen wir, was wir kriegen können. Ein Ego nimmt immer, was es kriegen kann.

Wenn wir bereit sind, unsere gewohnte Perspektive einmal zu verlassen, uns einzulassen auf unser Erleben, in dem Maße, wie wir unser Erleben verfeinern, dann erkennen wir, dass die Erscheinungswelt nicht identisch ist mit der Seinswelt. Erscheinungsweise und Seinsweise sind nicht gleich.

Der menschliche Verstand erschöpft sich unablässig in Erklärungen des Unerklärlichen. Die Erklärung selbst ist eine Farce, so anmaßend wie der Versuch, seinen eigenen Hinterkopf zu sehen, aber die Eitelkeit des Egos ist grenzenlos und wird durch eben dieses Bemühen, dem Unfug einen Sinn zu verleihen, immer überzogener.

Wir erinnern uns nicht daran, dass wir darum baten, geboren zu werden, und wir erbten einen Geist, der kaum in der Lage ist, zwischen dem zu unterscheiden, was dem Leben zuträglich ist, und dem, was zum Tod führt. Der Geist in seiner Identität mit dem Ego kann per Definition die Wirklichkeit nicht verstehen; gelänge es ihm, seine eigene illusorische Natur zu erkennen, würde er sich selbst zerstören.

Im gesamten Lebenskampf geht es darum, diese Kurzsichtigkeit zu überwinden. Wir können nicht auf höhere Existenzebenen gelangen, bis wir das Bewusstsein so weit voranbringen, dass wir die Dualität überwinden. Tatsächlich ist sogar von einem rein wissenschaftlichen Standpunkt aus Rettung möglich:

In Wahrheit wird sie durch die einfache Tatsache gewährleistet, dass die Energie eines liebevollen Gedankens so enorm viel stärker ist als die eines negativen. Der Weg der Liebe und des Mitgefühls, der traditionellerweise empfohlen wird, hat deshalb eine gesunde wissenschaftliche Grundlage.

Und nur, indem du dir den Weg zum bewussten Sein erschließt, öffnet sich das große Geheimnis. Denn hinter allem Wandel gibt es ein Sein, das ewig ist und wandellos, eine Dimension grenzenlosen Glücks. Es braucht keine Strategien, es braucht nicht zu viel Wissen.

Allerdings bleibt für uns alles graue Theorie, wenn wir nicht konsequent meditieren und die betreffenden Erfahrungen selbst erleben. Wir können uns durch entsprechende Übungen – wie in der folgenden angeleiteten Meditation – Bewusstseinszustände erschließen, in denen das ganze Theater, was wir inszenieren und was uns das Leben schwermacht, endlich aufhört.

Bewusstseinszustände, in denen Leiden nicht mehr möglich ist, weil jede Dualität, weil jede Begrenzung erloschen ist. Diese Zustände haben zu tun mit Offenheit, mit Präsenz und mit dem Leben im bewussten Sein.

Was wir über das Sein wissen müssen, werden wir nicht irgendwo außerhalb von uns entdecken. Jede Erfahrung, die wir machen, sollten wir nach innen wenden, wo unser Selbst Erfahrung verarbeitet ebenso wie unser Körper Nahrung.

Natürlich gehen wir auch weiterhin hinaus in die Welt – doch dann geschieht unser Handeln aus dem Weisheitsaspekt des Bewusstseins und im Einklang mit dem Ganzen. Denn jeder von uns ist kosmisches Bewusstsein, das eine individuelle Form angenommen hat.

 

Meditationsabend am  29. Januar 2023

DAS GEHEIMNIS DER STILLE

Mitten in unruhigen Zeiten stellt sich die Frage: Was ist eigentlich Stille? Im Allgemeinen neigen wir dazu zu denken, dass Stille die Abwesenheit von Geräuschen ist. Aber was hörst du wirklich, wenn keine Geräusche da sind?

Selbst wenn du in einem schalltoten Raum den Atem anhältst, hörst du noch Klänge. Du spürst das dumpfe Pochen deines Herzens, das zirkulierende Blut und die hohen Töne des Nervensystems – subtile Klänge, die du normalerweise nicht wahrnimmst.

Wahrscheinlich könnten wir eine absolute Stille auch gar nicht ertragen. In manchen Diktaturen wird sie sogar als Folter angewandt. Für die meisten von uns ist Stille im Alltag selten geworden. Häufig werden wir einem Geräuschpegel ausgesetzt, der unangenehm ist und krank macht. Das sind störende Geräusche, u.a. Straßenlärm, Geschrei und laute Musik. Dagegen empfinden wir Naturgeräusche oft als angenehm still, obwohl Vögel zwitschern, der Wind in den Bäumen rauscht und es im Laub raschelt.

Wahre Stille wird sich dir enthüllen, wenn dein Geist zur Ruhe gekommen ist und du empfänglich dafür bist. Um Stille in ihrem Wesen zu erleben, versuche in der Meditation mit ihr eins werden, indem du dein Ego zum Schweigen bringst und dich von der äußeren Stille in die innere Stille versenkst – in das bewusste Sein.

Wenn unerschütterliches Vertrauen dich zur Hingabe bringt, wirst du die Sprache der Stille verstehen, ihr wortloses Geheimnis erfahren, den unermesslichen Raum der Bewusstheit erfahren. Und dann erkennst du, dass der mühsame Weg, den du gegangen bist, die Reise vom Verstand zum Herzen war  – vom Denken zum Sein . . .

ZUM BEWUSSTEN SEIN

  1. In der Meditation können wir die Stille in uns wieder entdecken, indem wir damit aufhören, irgendetwas an unserer Erfahrung des jetzigen Moments zu verändern. So kommen wir zu uns selbst, in einen natürlichen Zustand – zu unserem bewussten Sein!
  2. Uns der Stille bewusst zu werden, sobald wir ihr im Leben begegnen, verbindet uns mit der formlosen und zeitlosen Dimension in uns, die jenseits des Denkens liegt, jenseits des Egos. Das kann die Stille sein, die in der Natur herrscht, die Stille in deinem Zimmer in der Morgenfrühe oder die Stille in der Einsamkeit.
  3. Stille ist in Wahrheit ein anderes Wort für Raum. Schaffe so oft wie möglich in deinem Lebensalltag Raum, indem du dir den inneren Körper bewusst machst. Spüre immer, wenn du irgendwo wartest oder innehältst, um zum Himmel emporzuschauen oder eine Blume zu betrachten, zugleich die Lebendigkeit in deinem Inneren.
  4. Das heißt, ein Teil deines Bewusstseins bleibt formlos, während der übrige Teil für die äußere Welt der Form zur Verfügung steht. Wenn du deinen Körper auf diese Weise bewohnst, dient dir das als Anker, um im Jetzt präsent zu bleiben. Dann bewahrt er dich davor, dich im Denken, in Empfindungen oder äußeren Umständen zu verlieren.
  5. Sobald du denkst, fühlst, wahrnimmst und Erfahrung machst, nimmt dein Bewusstsein Form an. Es reinkarniert sich als Gedanke, Gefühl oder Sinneswahrnehmung.
  6. Indem du das Jetzt in seiner jeweiligen Form bedingungslos annimmst, richtest du dich innerlich auf den Raum aus, der das Wesen des bewussten Seins ist. Durch Akzeptanz wirst du innerlich weit. Durch Ausrichtung auf die neue Bewusstheit statt auf die weltlichen Erscheinungsformen kommen Orientierung und Ausgewogenheit in dein Leben.
  7. Der Sinn unseres Lebens besteht darin, zu wahrer Bewusstheit zu erwachen. Dieses Ziel haben wir mit allen anderen Menschen auf dieser Erde gemeinsam – es ist Sinn und Zweck der ganzen Menschheit. Dieses Erwachen ist ein Bewusstseinswandel, bei dem sich Denken und Bewusstheit trennen.
  8. Der Wandel geht tiefer und weit über den Verstand und das Denken hinaus. Tatsächlich ist im Kern des neuen Bewusstseins die Transzendenz des Denkens bereits angelegt, die neu zugängliche Fähigkeit, sich über das Denken zu erheben und eine Dimension in sich selbst zu entdecken, die unendlich viel umfassender ist als das Denken.
  9. Dann beziehen wir unsere Identität, den Sinn für uns selbst und für das, was wir sind, nicht länger aus dem unablässigen Strom des Denkens, das wir in dem alten Bewusstsein für uns selbst halten. Welch eine Befreiung sich darüber klar zu werden, dass die Stimme im Kopf gar nicht ich bin.
  10. Wer bin ich dann? Der der dies erkennt: Die Bewusstheit, die dem Denken vorausgeht, der Raum, in dem das Denken beziehungsweise die Emotion oder Sinneswahrnehmung auftritt. Statt dein Leben zu regieren, dient das Denken fortan der Bewusstheit. Bewusstheit ist die Verbindung mit der universellen Intelligenz.
  11. Dass der Prozess des Erwachens in Gang kommt, kannst du ebenso wenig auslösen, wie du dich auf ihn vorbereiten oder ihn dir verdienen kannst. Es gibt keine klare Folge logischer Schritte, die darauf zuführen, obwohl der Verstand das gern hätte.
  12. Während du vielleicht darauf wartest, dass in deinem Leben etwas Bedeutsames geschieht, entgeht dir möglicherweise völlig, dass das Bedeutendste, was einem Menschen je widerfahren kann, in deinem Innern bereits eingesetzt hat: der Trennungsvorgang zwischen Denken und Bewusstheit.
  13. Was für eine Beziehung besteht zwischen Bewusstheit und Denken? Bewusstheit ist der Raum, in dem die Gedanken existieren, wenn dieser Raum sich seiner selbst bewusst geworden ist. Sobald du einen ersten Einblick in die Bewusstheit oder Präsenz erhalten hast, kennst du sie aus erster Hand. Dann ist dieser Zustand nicht länger nur ein mentales Bild in deinem Kopf.
  14. Jetzt kannst du dich bewusst dafür entscheiden, weil du merkst, dass etwas Bedeutsames geschehen ist, und erkennst die aufkeimende Bewusstheit als das Wichtigste überhaupt, was dir je widerfahren konnte. Dann siehst du dein vorrangiges Ziel im Leben darin, präsent und offen zu werden für dieses sich entfaltende Bewusstsein und sein Licht in die Welt zu tragen.
  15. Wo immer du Schönheit, Herzlichkeit oder den Sinn für einfache Dinge erlebst, suche den Hintergrund dieser Erfahrung stets in dir selbst. Aber suche nicht danach, wie nach einem Objekt. Du kannst ihn nirgendwo festmachen und sagen: „Jetzt habe ich’s“. Oder ihn in irgendeiner Weise rational erfassen. Das bewusste Sein ist wie der wolkenlose Himmel, es ist Raum, es ist Stille.
  16. Stille hat keine Form. Darum können wir sie nicht durch Denken wahrnehmen; denn Denken ist Form. Sich der Stille bewusst zu werden, bedeutet still zu sein. Stillsein ist Gewahrsein ohne Denken. Du bist nie tiefer und essenzieller du selbst als dann, wenn du still bist.
  17. In der Stille bist du, wie du warst, bevor du für eine gewisse Zeit diese physische und mentale Form angenommen hast, die „Person“ genannt wird. Dann bist du auch so, wie du sein wirst, wenn sich die Form wieder auflöst. In deiner Stille bist du das, was du jenseits deiner zeitlichen Existenz bist: reines Bewusstsein, bewusstes Sein, formlos und ewig.

 

Einfach genügsam

Das Streben nach Macht, Reichtum, Ruhm oder sinnlichem Vergnügen macht das Leben sehr kompliziert und geht fast immer auf Kosten anderer. Frieden finden hat viel mit Einfachheit zu tun. Wenn der Geist zu verworren, zu komplex ist, zu viel Strategie bewältigen muss, haben wir kaum eine Chance für Frieden. Frieden und Liebe sind ganz einfache Dinge. Wir sind immer wieder verblüfft, wenn wir irgendwo auf der Welt einem schlichten Menschen begegnen und sogleich spüren: Hier ist gelebte Liebe. Du bist willkommen, du wirst bewirtet, bekommst ein Bett, es ist alles ganz unkompliziert.

Buddhas Botschaft lautet: Setzt euer Verstehen ins alltägliche Leben um! Lernt, mit offenen Händen zu geben! Seid unkompliziert, richtet euch das Leben so ein, dass ihr nicht viele Kühe braucht, auf die ihr aufpassen müsst! Richtet euch ein Leben ein, das einfach von der Hand geht! Das ist die Botschaft der monastischen Lebensweise: wenig Besitz, aus alten Flicken gefertigte Kleidung, keine Haare, die wir täglich pflegen müssen, keine komplizierten Beziehungen.

Kein Frieden ohne Zufriedenheit

Das Streben nach Macht, Reichtum, Ruhm oder sinnlichem Vergnügen macht das Leben sehr kompliziert und geht fast immer auf Kosten anderer. Frieden finden hat viel mit Einfachheit zu tun. Wenn der Geist zu verworren, zu komplex ist, zu viel Strategie bewältigen muss, haben wir kaum eine Chance für Frieden. Frieden und Liebe sind ganz einfache Dinge. Wir sind immer wieder verblüfft, wenn wir irgendwo auf der Welt einem schlichten Menschen begegnen und sogleich spüren: Hier ist gelebte Liebe. Du bist willkommen, du wirst bewirtet, bekommst ein Bett, es ist alles ganz unkompliziert.

Buddhas Botschaft lautet: Setzt euer Verstehen ins alltägliche Leben um! Lernt, mit offenen Händen zu geben! Seid unkompliziert, richtet euch das Leben so ein, dass ihr nicht viele Kühe braucht, auf die ihr aufpassen müsst! Richtet euch ein Leben ein, das einfach von der Hand geht! Das ist die Botschaft der monastischen Lebensweise: wenig Besitz, aus alten Flicken gefertigte Kleidung, keine Haare, die wir täglich pflegen müssen, keine komplizierten Beziehungen.

Die meisten von uns befinden sich jedoch in komplexeren Lebenssituationen. Wir haben einen fordernden Beruf, der auch sehr interessant sein kann. Wir haben eine Familie oder leben in Partnerschaft mit all ihren Schönheiten und Komplikationen. Wir essen und trinken und brauchen ein Dach über dem Kopf – daran ist ja nichts schlecht. Leidvoll wird es dann, wenn wir krampfhaft versuchen, noch mehr zu erreichen und anzuhäufen oder gar vorwiegend auf Kosten anderer unsere Ansprüche auszuweiten, nicht nur um unsere eigene Existenz zu sichern, sondern um unsere Träume zu verwirklichen.

Leidvoll wird es, wenn wir von unserer Gier und unserer Aversion bestimmt werden. Da fangen all die immensen ethischen Probleme an. Wir sind ständig im Dilemma gefangen, dass wir leben wollen und uns immer auf Kosten anderer Lebensformen erhalten. Die Umsetzung unserer Einsichten beginnt da, wo Ethik nicht bloße Theorie bleibt, sondern zu gelebtem Mitgefühl wird. Die Lösung ist nicht im rein Äußeren, sondern grundsätzlich in unserer innersten Absicht zu finden. Diese Umsetzung ist ein lebenslanger Prozess und nicht selten ein Kampf gegen uralte Gewohnheiten. Wir können immer wieder von neuem schauen: Brauchen wir all das wirklich, wovon wir träumen, um glücklich zu sein.

Überall können wir uns in neue Abhängigkeiten und Kreisläufe verwickeln. Geht es tatsächlich nicht auch etwas einfacher? Wenn wir erst einmal unsere Grundbedürfnisse befriedigen können, brauchen wir nicht ständig neuen Wünschen nachzurennen, sondern könnten uns nun fragen, was denn wirklicher Luxus sei. Als der Buddha das Beispiel mit den Kühen gab, machte er seine Mönche auf die Tatsache aufmerksam, dass eine der Schönheiten des monastischen Lebens darin besteht, Zeit zu haben für die Praxis.

Brauchen wir all das wirklich?

Die meisten von uns befinden sich jedoch in komplexeren Lebenssituationen. Wir haben einen fordernden Beruf, der auch sehr interessant sein kann. Wir haben eine Familie oder leben in Partnerschaft mit all ihren Schönheiten und Komplikationen. Wir essen und trinken und brauchen ein Dach über dem Kopf – daran ist ja nichts schlecht. Leidvoll wird es dann, wenn wir krampfhaft versuchen, noch mehr zu erreichen und anzuhäufen oder gar vorwiegend auf Kosten anderer unsere Ansprüche auszuweiten, nicht nur um unsere eigene Existenz zu sichern, sondern um unsere Träume zu verwirklichen.

Leidvoll wird es, wenn wir von unserer Gier und unserer Aversion bestimmt werden. Da fangen all die immensen ethischen Probleme an. Wir sind ständig im Dilemma gefangen, dass wir leben wollen und uns immer auf Kosten anderer Lebensformen erhalten. Die Umsetzung unserer Einsichten beginnt da, wo Ethik nicht bloße Theorie bleibt, sondern zu gelebtem Mitgefühl wird. Die Lösung ist nicht im rein Äußeren, sondern grundsätzlich in unserer innersten Absicht zu finden. Diese Umsetzung ist ein lebenslanger Prozess und nicht selten ein Kampf gegen uralte Gewohnheiten. Wir können immer wieder von neuem schauen: Brauchen wir all das wirklich, wovon wir träumen, um glücklich zu sein.

Überall können wir uns in neue Abhängigkeiten und Kreisläufe verwickeln. Geht es tatsächlich nicht auch etwas einfacher? Wenn wir erst einmal unsere Grundbedürfnisse befriedigen können, brauchen wir nicht ständig neuen Wünschen nachzurennen, sondern könnten uns nun fragen, was denn wirklicher Luxus sei. Als der Buddha das Beispiel mit den Kühen gab, machte er seine Mönche auf die Tatsache aufmerksam, dass eine der Schönheiten des monastischen Lebens darin besteht, Zeit zu haben für die Praxis.

Zen ist unfassbar

Mit unserer logischen Denkweise ist es vollkommen unmöglich, unser ursprüngliches wahres Wesen zu ergründen. Deshalb halten wir im Zen nichts von abstrakten Erklärungen und mühseligen Debatten. Alle Philosophien sind nur verstandesmäßige Spekulationen. In den Augen der alten Zenmeister waren alle buddhistischen Schriften nur wertloses Papier.

Zen zeichnet sich durch Unabhängigkeit aus und lässt sich nicht durch weitschweifige Erörterungen verstehen. Es ist stets von erfrischender Direktheit, ohne alles übliche Drum und Dran, und somit eine Sache der reinen Erfahrung. Zen will unsere Verhaftungen an Worte und unsere konditionierte Vorstellung von Körper, Geist und Welt zerstören, damit wir aus dem Traum von Geburt und Tod erwachen. Zen ist unfassbar, es erhebt sich über jede Logik des sogenannten gesunden Menschenverstandes und wendet sich unmittelbar an die Intuition des Menschen.

Deshalb bleibt es für denjenigen unverständlich und rätselhaft, der glaubt, Zen ausschließlich mit seinem Verstand erfassen zu können. Aber da wir Menschen in unserem blinden Vertrauen auf unseren Verstand alles mit dem Kopf machen wollen, haben wir uns den Zugang zur Erkenntnis jenseits aller Worte selbst verbaut. Hinter jeder Antwort, die wir mit den Mitteln des unterscheidenden begrifflichen Denkens gefunden haben, erhebt sich eine neue Frage.

Das Unterwegssein ist das Ziel

Und je mehr wir auf das Ziel zugehen, umso mehr entfernen wir uns von ihm. Deshalb hat Zen auch kein Ziel, sondern verfolgt nur eine Richtung: Denn im Zen ist der Weg, das Unterwegssein das Ziel. Auf dem Weg des Erwachens zu unserem wahren Selbst, geht es vor allem darum, dass wir uns von dem verselbständigten, unterscheidenden Denken befreien, dass wie dunkle Wolken unser wahres Wesen verhüllt. Wir könnten unser wahres Wesen sofort in diesem Augenblick erfahren, aber wir können es deshalb nicht, weil unser Bewusstsein nicht im Augenblick verweilen kann, weil unsere Gedanken ständig weiter wandern.

Wir neigen im allgemeinen dazu, scheinbar einleuchtende Fragen zu stellen und uns unwirrbar in diese zu verstricken. Solange wir uns nur auf unseren Verstand verlassen, haben wir keine Möglichkeit diesem Teufelskreis zu entrinnen. Deshalb heißt es im Zen: Lass alles hinter dir, wirf deine vorgefassten Anschauungen fort und erkenne die Dinge so, wie sie sind.

Man sollte wirklich alles hinter sich lassen, selbst die buddhistische Richtung, der man sich zugehörig fühlt. Man braucht für den Zen-Weg und die Meditation nichts Äusseres! Keinen Dojo, keine Buddha-Bilder, keine Räucherstäbchen, kein Sitzkissen, keine Mönchsrobe und keinen kahl geschorenen Kopf – dies ist alles nur Anhaftung und eine Hürde auf dem Weg. Dein Dojo ist genau da, wo Du gerade stehst, und Dein Meditationsplatz ist genau unter Deinen Füssen – lass Dein gesamtes Leben Meditation sein, bei jedem Schritt.

Es mag für Anfänger einen gewissen Reiz haben, seltsame ostasiatische Riten zu erleben, Weihrauch zu riechen und sich vor einer Buddha-Statue zu verbeugen – aber das hat Buddha alles nicht so gewollt und nicht dazu geraten! Buddha wollte keine Religion gründen; im Gegenteil, er betonte die Nutzlosigkeit religiöser und ritueller Übungen.

Vieles ist nur schöner Schein

Rituale, Kleidung, Klanginstrumente, die im Laufe der Geschichte in Zen-Klöstern des Fernen Ostens eingesetzt wurden, spielen heute bei uns im Westen noch eine wichtige Rolle und verdecken oft das Wesentliche. Manche Zen-Meister haben dies schon erkannt und als Dualität und Anhaftung entlarvt.

Das, was wir hier bei unseren Meditationsabenden an Riten, Instrumenten und Funktionen übernommen haben, dient hauptsächlich der Orientierung und ist relativ stark reduziert. Aber wir müssen darauf achten, dass die Form nicht zum Selbstzweck wird und wir nicht die Anhaftung daran unterschätzen. Natürlich kann der äußere Rahmen „schön“ sein, vielleicht auch noch ein klein wenig hilfreich, aber die innere Einstellung und das innere Geschehen sind weitaus wichtiger.

Warum eine Sangha?

Wenn wir ernsthaft Meditation üben, merken wir mit der Zeit, dass wir uns auf eine Reise begeben haben, die viel Freude und Zufriedenheit, aber auch allerlei Schwierigkeiten mit sich bringen kann.

Unsere Inspiration unterliegt starken Schwankungen. Wir werden unseren oft sehr hoch gesteckten Idealen nicht gerecht, sehen immer klarer, wie sehr unser Leben durch oftmals wenig hilfreiche Gewohnheiten bestimmt wird. Und mit unserer Fähigkeit uns zu sammeln und dem Wunsch, immer öfter tiefe Einsichten in die Natur der Dinge zu erlangen, klappt es auch nicht so, wie vielleicht anfangs mal erhofft.

Schließlich müssen wir zugeben: Ohne Unterstützung kommen wir auf unserem Weg nicht weiter. Selbstverständlich können wir die von einem spirituellen Lehrer oder Meister erwarten. Doch der ist selten zur Stelle. Und entsprechende Seminare kosten Zeit und Geld.

Beistand kann aber auch in Form von Ratschlägen aus einer Sangha erfolgen. Das ist eine spirituelle Gemeinschaft, die sich im Laufe der Zeit von Menschen gebildet hat, die verbindlich einen spirituellen Weg mit anderen zusammen gehen und die dabei erlebten Freuden und Schwierigkeiten miteinander teilen wollen. Jede Gruppe von Menschen kann als Sangha praktizieren, als eine Gemeinschaft, die entschlossen ist, in Harmonie und Bewusstheit zu leben. Alles, was dafür nötig ist, ist, gemeinsam in Richtung Frieden, Freude und Freiheit zu gehen.

Hier finden wir vielleicht Menschen, die sich in unsere Situation versetzen können und die uns helfen, unsere Meditationspraxis zu verbessern oder die spirituellen Prinzipien in unserem Leben zu üben. Auf jeden Fall gibt es dort jemanden, der uns zuhört und ein wenig emotional unterstützt, der uns hilft, die Quelle unserer Inspiration wieder zu finden oder einen Tipp gibt, wie ein zwischenmenschlicher Konflikt gelöst werden kann.

Auch spirituelle Gemeinschaften bestehen meistens aus ganz normalen Leuten mit guten und weniger guten Eigenschaften. Neben all dem Guten und Inspirierenden begegnet man auch Schwächen, unachtsamem Verhalten und Problemen aller Art – kurz gesagt, dem Leben wie es jeder kennt. Gemeinsam profitieren wir von unseren Stärken und lernen von unseren Schwächen.

Eine Sangha ist durch die Praxis der Achtsamkeit, Konzentration und Einsicht verbunden und eröffnet daher nahezu unerschöpfliche Möglichkeiten, liebevolle Güte und Einfühlungsvermögen zu kultivieren und im Umgang mit anderen zu praktizieren. Eine Sangha ist so etwas wie eine spirituelle Familie, ein lebender Organismus. Sie ist kein Verein, dem man einfach beitreten kann.

Die Meditationsabende beginnen in der Regel mit einer Tee-Zeremonie, es folgen Enspannungsübung, ein Kurzvortrag über Zen und Meditationspraxis, eine geführte Achtsamkeitsmeditation, eine Meditation in Bewegung und eine Zen-Meditation in Stille. Abschließend gibt es Gelegenheit zum Gedankenaustausch.

Da viele die gemeinsame Praxis insbesondere auch zur Stärkung ihrer individuellen Praxis nutzen, richten sich die Themen, mit denen wir uns befassen, auch sehr nach dem, was uns gerade in unserem Leben beschäftigt. Unsere Gespräche stellen damit auch eine fortgesetzte Erkundung dessen dar, was es bedeutet, an unserem Platz in dieser Welt ein Leben in Achtsamkeit zu leben.

Sangha bedeutet auch ein besonderes Kraftfeld. Wir aktivieren diese Sangha-Energie durch das gemeinsame Meditieren, aber auch durch gemeinsame Unternehmungen und durch gemeinsamen Spaß. Wichtig für uns alle ist es auch, sich immer wieder folgende Frage zu stellen: „Was kann ich geben?“ Würde man, wie es häufig in unserer Welt geschieht, die Frage „Was kann ich bekommen?“ voranstellen, wären wir weit von einer positiven Entwicklung entfernt.

Die produktive und befreiende Frage nach dem eigenen Einsatz setzt freudvolle Energie frei. Die entspannte, absichtslose Aktivität macht uns zugleich offen und der natürliche Ausgleich von Geben und Nehmen im Geist und der Welt führt immer wieder dazu, dass wir mit Glück und Freude beschenkt werden.

Denn uneigennützige Arbeit für andere führt zum Aufbau sehr guter Eindrücke im eigenen Geist: Es ist das „Verdienst“, von dem Buddha im Zusammenhang mit positiven Handlungen spricht. Zugleich bedeutet es den Aufbau von Weisheit, weil wir in der völligen Konzentration auf die Arbeit und dem Verständnis, dass wir von den anderen letztlich nicht getrennt sind, Raum immer weniger als Trennung und immer mehr als etwas Verbindendes begreifen.

 

 

Leben im Hier und Jetzt

„Das Leben ist, was die ganze Zeit real stattfindet, während wir mit anderen Dingen beschäftigt sind“, hat John Lennon einmal treffend gesagt. Die meisten Menschen leiden, weil sie ihre Arbeit, Beziehungen, Verpflichtungen und ihre ganze Identität mit dem wirklichen Leben verwechseln.

Achtsamkeit spielt im Leben eine zentrale Rolle. Sie rückt den Moment, das Hier und Jetzt, in den Fokus. Meditation ist ein Weg der Achtsamkeit – hinein ins echte Leben. Sie ist die intensivste Methode, um unsere Innenwelt kennenzulernen. Wenn ich weiß, wie ich funktioniere, wenn ich die inneren Muster und Abläufe erfahre, dann kann ich bewusst Einfluss darauf nehmen. Bei der Meditation können wir nicht nur unseren Geist beobachten, sondern auch im Laufe der Zeit durch tiefere Einsichten ganz neue Seiten in uns entdecken – eventuell sogar unsere wahre Natur.

Achtsamkeit bedeutet die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit ganz dem gegenwärtigen Moment zu widmen und dabei die innere und äußere Realität wahrzunehmen, ohne sie zu bewerten. Den meisten Menschen fällt es heute schwer, angesichts vielfältiger und permanenter Belastungen im täglichen Leben innerlich zur Ruhe zu kommen. Die Notwendigkeit, verschiedene Anforderungen gleichzeitig zu bewältigen, verstärkt den Druck. Vor lauter Pflichten, Aufgaben und Nöten geht der Blick für den gegenwärtigen Augenblick verloren. Warum geschehen so viele Unfälle in Beruf, Verkehr und Haushalt, Ungeschicklichkeiten, Missverständnisse in der Kommunikation untereinander?

Mit Achtsamkeit voll im Trend

Gleichzeitig wächst jedoch die Sehnsucht einmal inne zu halten, wieder zu Atem zu kommen und so neue Kraft zu schöpfen. Der Begriff ,,Achtsamkeit“ ist fast zum Modewort geworden. Aber, wer übt sie im Alltag? Die Fähigkeit, sich ganz auf die Gegenwart einzulassen, ist lernbar. Es geht dabei darum, für sich einen Weg zu finden, um mit den Belastungen im eigenen Leben, mit sich selbst und mit nahestehenden Menschen, achtsam und liebevoll umzugehen.

Dabei wollen wir mit Hilfe von Meditation lernen, uns immer mehr von Gedanken an die Vergangenheit und von Sorgen um die Zukunft zu lösen, um bewusst im Hier und Jetzt zu leben. In der Stille, im Abstand vom Getriebe des Alltags wollen wir uns einüben im achtsamen Wahrnehmen des Augenblicks.

Die Aufgabe ist, die Achtsamkeit und geistige Gegenwart beständig aufrechtzuerhalten. Deshalb wollen wir heute sehr wenig sprechen, um einander nicht zu stören und uns gegenseitig nicht abzulenken. Das Hauptwerkzeug, sich in Achtsamkeit zu üben, ist der Atem. Er bildet die Brücke zwischen Körper und Gedanken. Immer, wenn unser Geist zerstreut ist, sammelt man ihn wieder mit dem bewussten Atem. Dieses Verfahren hilft, die ungeteilte Aufmerksamkeit auf die Übungen und die tiefe Innenschau zu richten.

Die Achtsamkeit ist ein Werkzeug, um mehr Herrschaft über unsere körperlichen, geistigen oder seelischen Aspekte zu erlangen. Sie kann uns helfen, mit jeder Lebenssituation bewusst und intelligent umzugehen. „Achtsamkeit ermöglicht uns, jede Minute unseres Lebens ganz zu leben. Achtsamkeit schenkt uns Leben,“ sagt Zen-Meister Thich Nhat Than. – Achtsamkeit ist der Schlüssel zu Liebe und Frieden.

 

Die große Erfahrung

Die Wurzeln der Meditation reichen 2.500 Jahre zurück bis zum historischen Buddha in Indien. Sein Leben zeigt als ältestes Vorbild der Menschheitsgeschichte, wie man aus eigener Kraft zu Erleuchtung und Vollkommenheit gelangen kann. Buddha war auch der erste, der die ursprüngliche Meditationsform aus ihrer asketischen Einengung der Weltabkehr befreite und in eine praktische Übung für jeden zur Bewältigung seiner Lebensaufgabe umwandelte.

Die Meditation dient zur Vorbereitung dieser „Großen Erfahrung“, jener mystischen Wirklichkeit von Erleuchtung bzw. Wesensschau, die gemeinhin als Ziel der Meditationsübung angesehen wird. Ein solches Ziel darf es aber eigentlich im Sinne der Selbstlosigkeit gar nicht geben. Die „Erfahrung“ kann deshalb auch nicht herbeigeführt werden – und sei es durch noch so intensives Üben.

Man darf die Erleuchtung nicht suchen, nicht erwarten, nicht erhoffen, man kann sich höchstens von ihr finden und erfassen lassen. Wo diese Erfahrung in einem Menschen stattgefunden hat, da formt und prägt sie Ausdruck und Haltung, bis sie im Leben und Sein des Einzelnen vollkommen integriert und dann in seiner Erscheinung erkennbar ist, insbesondere für einen anderen Erfahrenen.

Wer sich mit Meditation beschäftigt, wird bald erkennen, dass es ihm eine vollkommen neue Perspektive auf sich und die Welt ermöglicht. Die Einsicht in das eigene Wesen, mit der im Idealfall die Einsicht ins Wesen aller Dinge verbunden ist, das ist es, was Meditation auch für viele Menschen hier im Westen so attraktiv und wertvoll macht, auch wenn sie nur bestimmte Bereiche in ihren Alltag integrieren können.

Das Geheimnis des Zen liegt in der Praxis der Meditation: In einer Haltung tiefer Konzentration einfach nur sitzen, ohne Ziel und ohne Streben nach Erleuchtung. Die Meditation führt nicht in die Isolation, sondern wirkt sich positiv auf Körper und Geist aus. Denn sie führt beide zurück zu ihrem ursprünglichen Zustand. Das ist der Weg zu unserer wahren Natur.